Rau ist es draussen auf dem Karibischen Meer, drei Meter hoch schlagen die Wellen, der Wind erreicht 40 Knoten. Wir segeln trotzdem los, denn besser wird es nicht mehr diese Woche. Der Wind kommt zum Glück von hinten, was das Schaukeln etwas mindert. Trotzdem werfen wir nach Sonnenuntergang den Anker bei St. Kitts, denn auch Seeleute wollen in Ruhe essen ohne dass das Messer auf dem Tisch herumschleift und das Glas zum Nachbar rüber rutscht.
Kurz nach der Dämmerung geht’s los. Pamm-pamm-pamm, auf und ab, mal nach links, dann einmal ziellos rumeiern, dann nach rechts, pamm, Bug nach oben, pamm, nach unten, nochmals eiern – die vier Meter hohen Wellen machen mit uns (fast) was sie wollen. Der Magen rutscht genau so ziellos bei jeder Bewegung umher, schlägt mal da an irgendeine Innenwand, klatscht mal da an ein Nebenorgan. Und sein Inhalt fährt trotzig mit dem Lift auf und ab. Lang sind sie, die vier Stunden bis St. Maarten, wo wir endlich bei Marigot im französischen Teil der Insel den Anker werfen.
Die Überraschungen kommen dann jeweils beim Öffnen der Türen zu Räumen, die während Unwettern kaum bis gar nicht frequentiert werden. Wie die Galley zum Beispiel. Eine Schublade hat sich aus ihren Angeln befreit und sitzt auf dem Boden. Und woher kommt dieser strenge Fischgeruch? Folgt man der nassen Salzwasserspur auf dem Boden, die sich bis zur Mitte der letzten Kühlschranktür hochschlängelt, fällt es der Köchin wie Schuppen von den Augen. Der flache Schlag gegen die Stirn kommt etwas spät. Der in einem Wasserbecken eingeweichte Bacalao war schon vor der Reise tot. Hin- und hergeschwappt ist er bei der bewegten See trotzdem – und das salzige Wasser erst über den Beckenrand, dann in die Schublade gegutschelt und von dort hat es sich in einem feinen, doch steten Rinnsal nach draussen gearbeitet. Dass Wasser sich immer seinen Weg sucht und auch findet, hätte die Seefrau bereits vorher wissen können…