Die Kariber nannten die Insel, die zwischen Dominica und St. Lucia liegt, Madinina, die Insel der Blumen. Während die Arawak- und Ciguayo-Indianer Christoph Colombus 1493 erzählten, sie heisse Matinino, was übersetzt Insel der Frauen bedeutet. Als er 1502 wiederkam, warnten sie ihn auch vor den berüchtigten Kannibalen Kalinargo, die Columbus in Caribs umtaufte. Wie auch immer, am Ende setzten sich bei der Namensgebung die Spanier durch mit Martinica. Doch die Spanier waren nicht sonderlich interessiert an der Insel, denn ihr fehlte, was sie suchten: Gold. So landeten 1635 die Franzosen hier. Erste Siedlungen entstanden, Forts wurden gebaut, die Landwirtschaft – vor allem Zuckeranbau – angetrieben und afrikanische Sklaven von Afrika hierher umgesiedelt. 1792 attackierten die EngländeMartinique und übernahmen das Zepter, jedoch nur für neune Monate. Während der französischen Revolution fiel Martinique nochmals an England, doch Napoleon eroberte das Eiland 1802 zurück. Napoleons Interesse an Martinique war vielleicht weniger politischer, denn persönlicher Natur: Seine angebetete und spätere Kaiserin Joséphine wurde 1763 hier geboren. 1809 kamen die Briten zurück und kontrollierten die Insel bis 1814, als in Paris zwischen den Streithähnen ein Vertrag unterzeichnet wurde – dabei verlor Frankreich St. Lucia und Tobago, aber konnte Martinique und Guadeloupe halten. Die Sklaverei war auf den englischen Inseln ab 1834 abgeschafft, doch Frankreich hielt bis 1848 daran fest, was vielen zur Flucht veranlasste und auch zu einigen Aufständen führte. Plantagenbesitzern fehlten nun Arbeitskräfte. So wurden zwischen 1852 und 1884 mehr als 25000 Inder auf Martinique angesiedelt.
Das grösste Ereignis des 20. Jahrhunderts war jedoch die Erruption des Vulkans Mont Pelée im Jahre 1902. Knapp 30000 Menschen starben und St. Pierre, das Paris der Karibik, wurde total zerstört. Der Erste, sowie der Zweite Weltkrieg machten auch vor Martinique nicht halt. Soldaten wurden für das französische Heer eingezogen, französisches Gold wurde auf Martinique versteckt, die Allierten blockierten darauf die Insel, worauf die Lebensmittel knapp wurden und viele Einwohner auf benachbarte Inseln flohen. 1943 wurde Martinique Teil von Charles de Gaulles freiem Frankreich und ab 1946 war der Status Kolonie Vergangenheit. Martinique wurde ein Übersee-Departément von Frankreich, und ist heute eine Region Frankreichs mit den selben Rechten und Pflichten wie jede andere Region in der Grande Nation.
Das heutige Martinique hat zusammen mit Barbados den höchsten Lebensstandard in der Karibik.
Auf der 30 Meilen langen und 18 Meilen breiten Insel leben ca. 400’000 Menschen, hauptsächlich Kreolen und Mulatten. Topographisch ist Martinique sehr hügelig, im Norden hauptsächlich von Regenwald bedeckt, in der Mitte im Plaine du Lamentin, wo es flacher ist, lebt ein Drittel der Bevölkerung. Im Süden sind die Hügel dann auch flacher. Und die Strassen sind brandneu ohne eine Delle und in viel besserem Zustand als die französischen. Das Klima ist tropisch mit milden Temperaturen. Von circa Spätnovember bis Juni ist Trockenzeit (Carême) und von Juni bis Dezember Regenzeit (Hivernage). Die täglichen kurzen Regenschauer sind tropisch warm und das Resultat zeigt sich allerorten: Die Insel ist extrem grün, die Flora bunt, exotisch und überall vorhanden.
Während die dem Atlantik zugewandte Ostküste rauer ist, finden sich an der Westküste ruhigere Gefielde. Wie etwa ziemlich im Süden in Saint Luce, wo wir drei kurze Tage im Ferienresort von Pierre & Vacances inmitten von vielleicht 200 meist mittelalterlichen Franzosen residieren. Swimmingpool, Restaurants mit Buffets, Supermarkt und Animationen jedwelcher Art inklusive.
Das kleine Städtchen Saint Luce mit seinen 5000 Einwohnern, die hauptsächlich vom Fischfang und Tourismus leben, ist bloss einen 20minütigen Spaziergang entfernt. Etwas Normalität, zwischen dem Resortleben tut gut. Ein kleiner Weg führt über Sand, Wurzeln und Steine unter Bäumen, Palmen und Gesträuch dem Meer entlang. In der Erde links und rechts davon entdecken wir viele runde Löcher von ca. 10 cm Durchmesser, die wie ein Tunnel ins Erdinnere führen. Wir bleiben stehen, schauen uns fragend an, als plötzlich eine rotblaue Krabbe aus einem dieser Erdlöcher schaut. Dann auch aus dem nächsten und dem nächsten. Dutzende von bunten Krabblern hocken nun vor ihrem Loch. Kaum gehen wir wieder, verschwinden sie, verängstigt durch die Vibration, wieder in ihrem dunklen Zuhause. Saint Luce ist ein unaufgeregtes Städtchen mit bunten ein- höchstens zweistöckigen und oft bunten Häusern. Karibische Atmosphäre gepaart mit französischem laissez-faire. Es ist gerade Mittagszeit und deshalb eher ruhig. Wir landen im Restaurant Chiche am Meerufer, welches lokale Spezialitäten anbietet. Am Steg dahinter verkaufen die Fischer ihre letzte Ware des heutigen Fangs. Ein paar Frauen verkaufen Früchte, die wir weder kennen noch jemals gesehen haben.
Wir probieren lokale Spezialitäten, empfohlen vom sympathischen Pärchen am Nebentisch, Lokalpatrioten seit jeher. Ich versuche mich an gegrilltem Lambi, eine Muschel, die in den USA Conch heisst. Lecker. Die Sauce dazu ist ein Gemisch karibischer Gewürze und Kräuter und schmeckt so anders als es sich der europäische Gaumen gewohnt ist. Intensiv. Lecker. Im Resort geben wir uns einfach dem drögen Touristenleben hin und dösen im Liegestuhl und am Strand, schwimmen im Pool und Meer, nehmen Teil an der Morgengymnastik, trampeln durchs weiche Gras, gönnen uns eine Massage, bedienen uns am üppigen Buffet, frönen zum Aperitif und Digestiv den hier gängigen Rumgetränken und schlafen in weichen Betten. Ahhh…
Am frühen Sonntagmorgen liegt das grosse Schiff des Yacht Transports in der Bucht von Le Marin bereit, um seine Fracht – knapp 20 Jachten und kleinere Boote – zu entladen. Der Boden des Schiffs senkt sich und rasch flutet das Meerwasser hinein. Da wir als eine der letzten Boote in Genua eingeschifft haben, sind wir nun rasch draussen und wieder eigenständig auf dem offenen Meer. Noch einige Abklärungen und Papierkram und dann ist es Zeit, um gegen Norden weiter zu segeln. Noch einmal blicken wir dabei vom Meer her auf diese üppige Vegetation von Martinique. Obwohl wir so wenig gesehen haben, etwas Paradiesisches ist dem Eiland nicht abzusprechen.